Man baut ein Stadion, eine Kirche, eine Bibliothek – und es ist die Gemeinschaft, die darin eine Identität bekommt. Welches Ihrer Projekte gefällt Ihnen am besten? Das nächste – egal, was es ist. Erinnert an eine Blütenknospe, die sich, von der Sonne beschienen, bald öffnen wird: Die «Fiore di Pietra» auf dem Monte Generoso im Tessin. (Bild: Keystone) Sind Sie stolz auf Ihre Arbeit? Höchstens zufrieden. Sobald etwas fertig ist, weiss ich, dass ich es hätte besser machen können. Und auf etwas, was man besser machen kann, kann man nicht stolz sein. Macht Mario Botta auch einmal Ferien? Nein. Nie. Ferien sind für mich lästige Unterbrechungen. Nur schon der Gedanke daran verursacht bei mir regelrechte Panik. Zu Weihnachten kriege ich jeweils eine Krise.
Vielleicht ist das auch der Grund, warum so viele Kunsthandwerker – die sogenannten Magistri Comacini – diese Region verlassen haben, um ihr Wissen in die ganze Welt zu tragen. Inwiefern beeinflusst das Tessin Ihre Bauweise? Mein Baustil versucht, einen Gegensatz herzustellen, einen Dialog, ja auch einen Vergleich zur natürlichen Umgebung. Architektur ist etwas anderes als die Natur. Die einfachen und geometrischen Formen sollen einen Gegenpol zur natürlichen Landschaft darstellen. Viele Ihrer Bauten sind wie Festungen. Warum? Architektur ist ureigentlich dafür geschaffen zu schützen, zu beschützen. Menschen leben an einem Ort, weil sie Unterschlupf benötigen. Vielleicht versuche ich deshalb, in meinen Bauten vor allem Geborgenheit vor den Unbilden der Natur zu vermitteln. Architektur ist insbesondere eine Frage des Gleichgewichts zwischen Mensch und Umwelt. Welches Ihrer Bauwerke bedeutet Ihnen am meisten? Mein Herz hängt immer am nächsten Projekt. Klar gibt es eine starke Bindung, während ich am Entwurf arbeite, doch dann gehört das Gebäude einer Gemeinde und bekommt mit einem Mal ganz andere Signifikationen.
béton brut, verwendet) in Anlehnung an Le Corbusier. In den Folgebauten entwickelt Botta das für ihn typische geometrische Vokabular: strenge Kuben, zylindrische Körper auf kreisrundem Grundriss, kleine bis riesige Oculi bei der Wandgestaltung (Entlehnungen von Kahns Bauten in Dacca) und von oben bis unten den Baukörper aufbrechende Schlitzungen sowie rechtwinklige Abtreppungen. Immer bleibt die Grossform bestimmend, jede Einzelform ist ihr unterworfen. Eine gezielte, meist von oben erfolgende Lichtführung im Innern sowie eine mit verschiedenen Helligkeiten spielende Fassadengestaltung vermitteln trotz aller Strenge Eleganz und Leichtigkeit. Mario Botta sucht den Dialog mit den regionalen Gegebenheiten, orientiert sich an Geschichte und Topographie des jeweiligen Ortes und verwendet häufig regionale Baustoffe. Als Designer arbeitet Botta mit dünnen Chromgestellen, perforierten Sitzflächen aus Metall und Rückenlehnen aus beweglichen Zylinderelementen. Mario Botta, Foto: Rémy Steinegger